Einmal (im Jahr) ist keinmal. Diese fette Leckerei ist eine Sünde wert.
Polen gehört nicht zu den Ländern mit besonders ausgeprägten karnevalistischen Traditionen. Ein süßer Brauch wird dafür mit umso größerer Hingabe gepflegt: der Fettdonnerstag in der Woche vor Aschermittwoch.
Die Sitte, an diesem Tag größere Mengen Schmalzgebäck zu verzehren, hat sich in Polen im 17. Jahrhundert eingebürgert. Zunächst erst in den Gutshäusern des Kleinadels und bei den Patriziern der größeren Städte, auf dem Land erst an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Heute dreht sich das Leben an diesem Tag komplett um Pączki (so heißen hier die luftigen, mit Konfitüre gefüllten, in tiefem Fett ausgebackenen Hefeteigbackwerke, die im deutschen Sprachraum regional als Krapfen, Berliner oder Pfannkuchen bezeichnet werden). Schon im Vorfeld finden Verkostungen statt, in denen Jurys entscheiden, welche Konditoreien die ultimativen Pączki zaubern, und an denen wird man dann am Fettdonnerstag unweigerlich die längsten Schlangen antreffen, in denen die Leute geduldig ausharren (normalerweise ist in Polen eher eine ausgeprägte Aversion gegen Schlangestehen zu bemerken), um möglichst viele Exemplare der begehrten Leckerei zu ergattern, die man dann im Laufe des Tages mit Angehörigen, Freunden, Bekannten, Kollegen, Gästen teilt. Wer am Fettdonnerstag nicht wenigstens einen Krapfen verzehrt, so heißt es, dem wird im kommenden Jahr das Glück nicht hold sein). Pro Person sind es im Durchschnitt 2,5 Exemplare, was für die Gesamtbevölkerung die stolze Zahl von 100 Millionen bedeutet. Der klassische polnische Krapfen ist etwa faustgroß, dick mit Zuckerguss (seltener mit Puderzucker) bedeckt und mit Hagebuttenmarmelade gefüllt. Angeboten werden aber auch viele andere Geschmacksvarianten, etwa mit Schokolade, Eierlikör, Mandelcreme, Erdnussbutter, Marzipan oder Orangeat.
In Małopolska ist der Krapfen definitiv der Superstar des Fettdonnerstags. Aber es gibt durchaus verlockende Alternativen. Etwa Apfelküchle (Racuchy) oder Faworki (Chrust). Sie alle eint, dass sie eines nicht sind: kalorienarm. Aber einmal ist keinmal…
In Krakau und Małopolska ist für den letzten Donnerstag der Karnevalszeit noch eine weitere Tradition bekannt, die sich in anderen Gegenden Polens nicht verbreitet hat: der „Krakowski Comber“, also eine Art Weiberkarneval, an dem sich das weniger schöne Geschlecht vorsichtshalber in Acht nehmen sollte.